8.2 Bunt in Berlin – Teil 2: Stadt, Land, Schloss und Fahndung
In der zweiten Hälfte der Berlin-Tour sammelten wir weiter Sehenswürdigkeiten, stießen mehrfach an und kamen dem Grünflächenamt in die Quere.
Unterwegs mit Eve und Basti
Ein Wohnexperiment quer durch Deutschland.
Flanieren am Flakturm
Nach dem Abstieg in den Untergrund und den düsteren Bunker-Geschichten aus Teil 1 mussten wir nur die Straße überqueren und durch den Volkspark Humboldthain wandern, um zum nächsten historischen Sightseeing-Spot zu gelangen:
Während des 2. WK wurden in Berlin insgesamt drei Flaktürme errichtet (Flak = Flugabwehrkanonen), um das Stadtzentrum mit schwerem Geschütz gegen Luftangriffe zu verteidigen. Gleichzeitig waren es auch die größten Bunker Berlins, in denen sich tausende Zivilisten verschanzen konnten.
Angenehmer als im besichtigten Bunker war’s hier wohl auch nicht: Der Zeitzeuge Herr Ba. beschrieb die damalige Situation ungefähr so:
"Da sind an einem Sonntag zehn Bomben auf den Bunker gefallen. Er hat gewackelt wie ein Entenarsch. An den Treppen waren keine Treppengeländer, da sind die Leute die Treppe runtergeflogen."
Um sich diese kreative Beschreibung besser vorstellen zu können, kann man seit 2004 auch eine Tour durch das Innere der Flakturmruine machen. Wir blieben diesmal aber lieber an der frischen Luft und tourten die Turmreste nur von außen.
Nach dem Krieg wurden die Türme von den Alliierten gesprengt. Der Berliner Unterwelten e.V., der alle Bunker-Führungen organisiert, hat die viele Jahrzehnte durch Trümmerberge bedeckte Ruine ab 2001 erst wieder freigeschaufelt und begehbar gemacht.
Die nördliche Hälfte des großen Gefechtsturms blieb damals stehen, weil die Sprengung die nahegelegenen Bahngleise gefährdet hätte. Auf der heutigen Aussichtsplattform steht seit 1967 ein 11 m hohes Mahnmal für die Einheit Deutschland. Die Aluskulptur symbolisiert die zwei geteilten Landesteile, umgeben von einem Ring als Hoffnung für die Wiedervereinigung. – Hat etwa zwei Jahrzehnte später ja auch geklappt. 🍾
Zügellos in Zozoville & Schaum im Schalander
Wer im allerersten Beitrag genau hingesehen hat, erkennt vielleicht, was unser nächster Ausflug mit unserem ehemaligen Wohnzimmer zu tun hatte.
Mit der Tram gondelten wir wieder Richtung Friedrichshain und spazierten, vorbei an den klassischen Berliner Graffiti-Wänden und Sticker-Fenstern, Richtung Boxhagener Platz.
2004 trafen sich der Kalifornier Mateo Dineen und der Niederländer Johan Potma in Berlin. Die zwei Künstler mit Hang zum Skurrilen verkauften ihre Kunst erst gemeinsam auf Flohmärkten (davon gibt’s in Berlin ja genug) bevor sie 2005 die Zozoville Galerie in Friedrichshain eröffneten.
In unserer alten Wohnung hatten wir einige Jahre lang eine monströse Kleingalerie im Wohnzimmer, die bei neuen Besuchern Reaktionen von verwirrtem Brauenrunzeln bis herzhaftem Lachen verursachte. Ein paar Leute haben wir evtl. auch angesteckt, sich selbst ein paar haarige Monster an die Wände zu hängen. 🖼️
Das Innere der kleinen Galerie mit Ladentheke war genauso eigen wie die Bilder, die die Wände füllten.
Hinter dem Tresen chillte eine Dame, vielleicht Mitte 20, in einem Stuhl, begrüßte uns ebenso gechillt und bot uns Hilfe an, falls wir etwas brauchten.
Nachdem sie uns versichert hatte, dass wir „so viele Fotos machen können, wie wir möchten“, vertiefte sie sich wieder in ihr Handy und ließ uns in Ruhe Bilderstapel durchblättern und Kisten durchkruschteln.
Die rustikale Atmosphäre im wuseligen Atelier wurde untermalt von leiser Hintergrundmusik mit ominösen Texten über amouröse Eskapaden und dem ein oder anderen Shoutout an den Genitalbereich.
Man kam sich quasi gleich vor, wie in einer anderen Dimension.
Für eine halbe Stunde hatten wir den Laden für uns alleine. Als die Tür beim Betreten der nächsten Besucherin klingelte, erinnerte sie uns daran, endlich mal fertig zu werden. (Außerdem scharrte ein gewisser Basti mit begrenzter Geduld für Shopping langsam mit den Hufen). 👉 ⏱️
Nachdem wir beim „Kaufe 4, nimm 1 Extra“ Angebot gleich zweifach zugeschlagen hatten, folgten wir noch der Empfehlung einer Freundin und schlenderten auf ein Bier ins Schalander. Die Berliner Privatbrauerei lag nur ein paar Straßen weiter, auf dem RAW-Gelände.
Zwei Wochen zuvor waren wir schon über den Flohmarkt flaniert, der hier jeden Sonntag tagt. Das Gelände des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks (wieder so ein Juwel der Deutschen Langatmigkeit) ist heute ein Hotspot für Kunst, Kultur, Märkte, Clubs und Bars im Viertel.
Chique in Charlottenburg
Haupt-Event der zweiten Berlin-Hälfte war unsere Tour durchs Schloss Charlottenburg.
Von Weissensee aus starteten wir unsere lange Fahrt in einer Bahn, prall gefüllt mit Menschen, die auch sonntags um 11 ordnungsgemäß eine Flasche mit sich führten. Denn in Berlin ist „das Wegbier [...] ein Accessoire des Alltags geworden, so wie Handys und Schirme.“ Man muss nur aufpassen, dass einem nichts entgegen schwappt, wenn man sich aus der Menschensuppe auf den Bahnsteig rausschält...
Nach über einer Stunde kamen wir im Viertel Charlottenburg an. Wie jeder Ortsteil in Berlin hat es auch seinen eigenen, nicht ganz klischeefreien Ruf. Das Verhältnis zwischen Prenzlauer Berg im Berliner Nordosten und Charlottenburg, der angeblich spießigen Schwester im Westen, veranschaulicht eine Autorin mit diesem Beispiel:
„Während an Silvester im Prenzlauer Berg auf Kultur gesetzt wird und der Nachwuchs namens Alma und Prosper Trompete und Geige vorspielt, geht es Arthur in Charlottenburg um den gehobenen Lebensstil. » Haben wir noch Champagner? Es ist gleich zwölf!« ...“
Im Schlosspark angekommen, wanderten wir zuerst in Richtung Mausoleum. Auch dafür brauchte man eine Eintrittskarte. Kein Stress mit Kombiticket...
In der fancy Marmor-Gruft liegt nicht die namensgebende Königin des Schlosses, sondern andere Herrscher und Herrscherinnen, die etwas später das preußische Zepter schwangen. Die bekannteste Figur hier ist Königin Luise von Preußen, die nicht nur Kunst und Kultur im damaligen Berlin förderte, sondern vom Volk auch als „Königin der Herzen“ verehrt wurde – bevor sie mit nur 34 Jahren starb.
Der Schlossgarten – eine symmetrisch durchgeplante Barockanlage im französischen Stil – fing dank astronomischer Temperaturen schon an zu blühen. Endlich keine kahlen Gartenfotos mehr! 🎉
König Friedrich I. hatte den blühenden Prachtbau für seine Frau Sophie Charlotte angelegt. Wie so viele in dieser Zeit wurde er inspiriert von den Versailler Gärten *Ludwig XIV., *der absolutistischen Stilikone des Barock.
Schloss Charlottenburg ist eingeteilt in das Alte Schloss und den Neuen Flügel. In beiden frohlockten fast 200 Jahre lang sieben Generationen Hohenzollernherrscher.
Wir begannen unsere Tour im Neuen Flügel und wunderten uns, wo die ganzen Touris von draußen geblieben waren. – Die Räume hatten wir fast für uns allein... so museumt man doch gerne.
Auf einer Plakette entdeckten wir auch eine alte Bekannte aus Station 6: Amalie, die Schwester von Friedrich II. und Äbtissin von Quedlinburg, die hier häufiger Partygast war.
Das Alte Schloss ließ Friedrich I. 1699 als Sommerresidenz für Sophie Charlotte bauen. Damals noch „Schloss Lietzenburg“. Erst nach Charlottes (frühem) Tod benannte Friedrich das Schloss ihr zu Ehren in „Charlottenburg“ um. Ähnlich wie Luise hatte es Charlotte schon mit Mitte 30 erwischt...
Charlotte wurde populär als erste Königin in Preußen. So geschehen, weil sich ihr Mann – damals Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg – in Preußen einfach selbst zum König krönte und damit vom III. zum I. avancierte.
Die Umfirmierung von Kurfürst zu König erfolgte zwar mit Erlaubnis des Kaisers, aber unter der Auflage, dass Friedrich nur König „in“ und nicht „von“ Preußen wurde. 👀
Mit dem „in“ war wohl allen klar, dass er in Brandenburg, das zum Heiligen Römischen Reich gehörte, weiterhin unter der kaiserlichen Fuchtel stand. Preußen lag aus komplizierten Erb-, Kriegs- und Geschichtsgründen aber außerhalb. Dort durfte Friedrich König sein. Hier ne verwirrende Karte. – Ein Wunder, dass sich damals überhaupt jemand auskannte...
Den Neuen Flügel ließ Friedrich der Große knapp 50 Jahre nach dem Original als Erweiterung anbauen. Scheinbar mangelte es ihm an epochalen Festsäälen...
Während man im Alten Schloss noch auf das „monumental, mächtig, imposant“ des Barrock setzte, herrschte im Neuen Flügel der Rokoko.
Statt symmetrisch, massiv, religiös war hier verspielt, filigran und verschnörkelt das Stilmittel der Wahl – wie man an der Deko in den Sälen unschwer erkennen kann.
Im Alten Schloss war die Touri-Dichte deutlich höher, aber wir waren deutlich unbeeindruckter. 🤷
Vielleicht dachten sich alle, der Hauptbau muss langen, das andere ist ja "nur ein Flügel“?!
Definitv ein Fehler...
Rein optisch kann der alte Bau nicht mit dem Neue Flügel mithalten. Außer man steht auf schwere Vorhänge, dunkle Vertäfelung und definitiv zu viele nackte Engelchen auf Deckengemälden.
Schloss Charlottenburg wurde (wie auch andere Schlösser Berlins) im 2. WK durch Brandbomben stark beschädigt. Hier sieht man Bilder vom damaligen Zustand.
Charlottenburg hatte das Glück, in West-Berlin zu liegen. Kurz nach Kriegsende begann man, einige Räume zu sichern und später für Ausstellungen zu nutzen. Zu verdanken war das auch der Kunsthistorikerin Margarete Kühn, die sich bei der britischen Militärregierung dafür einsetzte, das Schloss vor dem Verfall zu schützen. Erst 1956 wurde eine Finanzierung für den Wiederaufbau aus Bundesmitteln locker gemacht.
Dem Berliner Staadtschloss, das im sowjetischen Sektor lag, erging es weniger gut: Das beschädigte Schloss wurde gesprengt. Die DDR-Führung wollte alle „Symbole der Monarchie“ loswerden. Auf dem Gelände entstand damals unter anderem ein Aufmarschplatz nach dem Vorbild des Roten Platzes in Moskau.
Erst 2013 bis 2020 wurde das Schloss nach einem Beschluss des Deutschen Bundestags quasi rekonstruiert. Im Neubau des Humboldt Forum kann man heute unter anderem eine Dauerausstellung zum Berliner Stadtschloss ansehen.
Turmlose Tour & Rosa Rohre
Die Sightseeing-Fomo hört in Berlin nie auf. Es gibt immer mehr zu sehen, zu tun oder irgendein Event. Wer hier wohnt, hat bestimmt permanent Angst, was zu verpassen. Bei uns fing’s auch schon langsam an 😅. Von unserer Liste mussten wir auch einiges streichen, weil die Zeit einfach nicht reichte. – So wie die Jurassic World Berlin Exhibition, die leider zu weit draußen lag. 😢
Stattdessen ließen wir uns in den letzten Wochen bei einer selbst geführten Audiotour noch ein paar Geschichten über die Sehenswürdigkeiten der Berliner Innenstadt erzählen.
Mit Stöpseln in den Ohren führte uns der Audioguide an einigen alten Bekannten vorbei, die wir schon in Teil 1 bei einer Privattour mit Berliner Freunden begutachten konnten.
Wir kamen am Reichstagsgebäude vorbei, liefen durch den Tiergarten und durchs Brandenburger Tor.
Die Friedenssäule beäugten wir nur aus der Ferne, weil wir wieder merkten, dass 1 cm auf Google Maps in der Realität viel zu „ich hab keinen Bock so weit zu latschen“ ist...
Noch nicht gesehen hatten wir bisher das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ oder einprägsamer: Holocaust-Mahnmal das an die rund 6 Millionen ermordeten Juden während der NS-Zeit erinnert.
Südlich des Brandenburger Tors wurden auf 19.000 m² ganze 2711 Beton-Stelen in einem wellenförmigen Raster aufgebaut. Seit 2005 kann man das Beton-Labyrinth hier durchlaufen.
Zwischen den anonymen grauen Blöcken soll ein Gefühl der Desorientierung oder Bedrückung entstehen. Außerdem hat das Denkmal keinen Anfang und kein Ende und soll damit zeigen, dass die Aufarbeitung des Holocaust fast unmöglich ist.
Auf dem Weg zur nächsten Station kamen wir am Potsdamer Platz vorbei. Hier wurde unter anderem 1924 die erste Verkehrsampel Deutschlands in Betrieb genommen. An dem geschäftigen Knotenpunkt wurde vorher der Verkehr manuell durch Polizisten oder einfach durch Handzeichen geregelt. – Kann ja garnix schief gehen...
Heute steht hier unter anderem das bekannte Sony Center (das man seit 2023 wohl nicht mehr so nennen darf) und der Berlinale Palast in dem die Filmfestspiele stattfinden.
Gleich ums Eck lüfteten wir auch das Geheimnis der Rosa Rohre, die sich überall durch die Stadt schlängelten: Nein, es ist nicht Kunst, es kann nicht weg. – Weil Berlin auf einem riesigen Sumpf gebaut ist, müssen die Rohre das abgepumpte Grundwasser von den Baustellen der Stadt zur Spree und verschiedenen Kanälen transportieren. 💡
Ein paar Straßen weiter hielte wir an der Topographie des Terrors – einer Dauerausstellung zu den Verbrechen von SS und Polizei im Dritten Reich. Von hier aus wurde unter anderem die Verfolgung politischer Gegner organisiert.
Auf dem Gelände befanden sich zwischen 1933 und 1945 die wichtigsten Einrichtungen des NS-Terrorapparates, wie die Zentrale der Gestapo, die Reichsführung-SS oder der Sicherheitsdienst der SS.
Hier steht auch noch eines der wenigen original erhaltenen Teile der Mauer, inklusive Einschlägen und Bemalungen, die wohl (überwiegend) noch von vor 1989 stammen. 🎨
Gleich ums Eck kamen wir an der Trabiworld vorbei. Kein offizieller Punkt der Stadtführung – aber wer mit nem zebragestreiften Kultvehikel eine Trabi-Safari durch die Stadt machen will, kann hier einsteigen.
Der Audioguide erzählte uns stattdessen etwas über Checkpoint Charlie, direkt gegenüber: Einer der bekanntesten Grenzübergänge zwischen West- und Ost-Berlin und benannt nach dem dritten Buchstaben des Internationalen Buchstabieralphabets (Alpha, Bravo, Charlie). Heute steht hier noch ein Nachbau des ehemaligen Kontrollhäuschens und ein Porträt des ehemaligen US-Sergeant Jeff Harper.
Der damals 25-jährige kam 1989 als Tubaspieler der Army-Band nach Berlin und wurde Teil einer Fotoserie über die letzten alliierten Soldaten in der Stadt.
Am Ende schafften wir nur einen kleinen Ausschnitt der vielen Sightseeing-Punkte Berlins. Ein weiterer Kult-Klassiker, den wir links liegen ließen, war der Berliner-Fernsehturm. Statt uns dort für ne Karte in die lange Touri-Schlange anzustellen, standen wir lieber vor dem Curry 61 und warteten auf ne Wurst.
Die Kult-Wurst gilt scheinbar als Symbol des kreativen Berliner Widerstands. Als Lebensmittel knapp waren, mixte Herta Heuwer 1949 einfach zusammen, was halt grade da war und erfand damit den ultimativen Curry-Snack.
"Ey Mann, wo is' mein Auto?"
Wem die Überschrift irgendwie bekannt vorkommt, erinnert sich wahrscheinlich noch an dieses „Meisterwerk“ der Filmgeschichte: ... und wundert sich danach, wo die letzten 24 Jahre geblieben sind. 👵🏻
Ähnlich wie die Protagonisten standen auch wir eines Tages mit offenem Mund an der Straße, schauten nach links und nach rechts und fragten uns: „Äääh... Auto?!“
In Berlin hatten wir keine Parkmöglichkeit am Haus, deshalb wohnte unser Auto ein paar Straßen weiter. Immer wenn wir auf dem Weg zur Tram waren, spickten wir Richtung Parklücke, um die Lage zu checken: „Weißes Auto noch da? – Ok, passt.“
Als die Temperaturen immer schweißtreibender wurden, wollten wir ein paar Sachen im Winterlager des Kofferraums verstauen. An der Parklücke angekommen, stand vor uns auch wie erwartet ein weißes Auto – nur nicht mehr unseres! 😱
Nach ein paar Sekunden am Kopf kratzen, im Kreis drehen und schauen, ob wir auch wirklich richtig stehen... begannen wir die Optionen abzuklappern:
Geklaut? Abgeschleppt? Woanders geparkt und vergessen? 🤪 Mietauto holen? Reise abbrechen?! Und was lag eigentlich noch im Auto?1?! 🤔
Bis auf ein paar Klamotten, die nicht in die Jahreszeit passten, schichteten wir das Gepäck eigentlich immer in die Unterkunft um. Außer Geldbeutel, Handy und Laptop wäre im schlimmsten Fall trotzdem alles ersetzbar. Neue Schuhe – okay. Neue Jacke – wenn's sein muss. Aber ein ganzes Auto zu ersetzen, wäre schon ziemlich... also wirklich... ungeil. 💰
Zurück in der Wohnung listeten wir die Szenarien von „Wahrscheinlich“ bis „Entführung durch Aliens“ auf und fingen mit der Spurensuche oben an. Einen Anruf bei der Berliner Auto-Abschlepp-Auskunft später konnten wir die Fahndung bereits mit wenig extraterrestrischem Ergebnis beenden:
„Ah, ja ihr Auto wurde abgeschleppt...Nö, keine Abholstelle, nur zwei Straßen weiter umgeparkt in die xx-Straße.... Ne, hat keine Kralle...Rechnung vom Abschleppdienst kommt dann gesondert zum Bußgeld der Stadt... Gerne! – Wiederhören.“ 👀
Warum wir unfreiwillig umgeparkt wurden, konnte uns der nette Herr am Telefon auch nicht erklären. Bei einem zweiten Besuch der Straße-wo-einst-unser-Auto-stand, fanden wir aber Indizien, die erklären konnten, was vorgefallen war:
Ein paar Meter von der vergangenen Parkposition entfernt standen temporäre Parkverbotsschilder am Straßenrand. Abstand zwischen den Schildern: vielleicht 4-6 Parklücken. In den Folgetagen wanderten die Schilder immer wieder an eine neue Stelle. Wer im Urlaub war oder nicht jeden Tag sein Auto checkte, hatte Pech: Der Puffer von Aufstellen bis Verbot lag definitiv unter 3 Tagen.
Beste Theorie:
Dank frühlingshafter Wucherungen wurden die Bäume an der Straße geschnitten 🌴🪚. Weil sich nach Abschlepp-Gate ein ähnliches Auto an unsere Ex-Parklücke rangemacht hatte, merkten wir erst nach einer Woche, dass unser Schlitten spurlos verschwunden war.
Jeder Dieb wäre mit dem Ding jetzt schon lange in … Barcelona oder so angekommen. Moskau oder Helsinki wären auch zu schaffen gewesen. – Aber statt Gauner war's zum Glück diesmal nur das Grünflächenamt.
Nach unserem erleuchtenden Telefonat mit der Abschleppstelle (und ner Zimtschnecke für die Nerven) spazierten wir schließlich zwei Straßen weiter und fanden unser Auto wie versprochen geduldig auf uns wartend vor. Schön schräg und mit den Reifen halb auf den Randstein balanciert. Da freuten sich die Felgen.
Die Rechnung der Stadt über 50 € Bußgeld kam auch prompt nach ein paar Tagen. Die des Abschleppdienstes ließ allerdings immer länger auf sich warten. Als wir uns schon triumphierend die Hände rieben, weil „die uns sicher vergessen haben“, flatterte – ein halbes Jahr später – doch noch ein Wisch in den Postkasten. 😑
Knapp 250 € ärmer hatten wir aus unserer Reise nach Berlin also gelernt, dass man ...
... vor dem Grünflächenamt nirgendwo sicher ist,
... aus 20 m Entfernung alles als Doppelgänger-Auto durchgeht,
... und die Buchhaltung des Abschleppdienstes wohl noch mit dem Abakus arbeitet. 🧮
Feuchtfröhlicher Freitag
Am letzten Tag vor der Abreise zeigten die Temperaturen wieder Richtung Hochsommer. Die Bäume erstickten in der Blütenpracht. Und wir machten eine letzte unendliche Reise durch Berlin, um einen feuchtfröhlichen Abschied mit Freunden zu feiern.
Auf dem Weg kamen wir an der Oberbaumbrücke vorbei, die die Stadtteile Friedrichshain und Kreuzberg verbindet und als „schönste Brücke Berlins“ gilt. Die beiden Türme sollen an die frühere Funktion der Brücke als Zollstation erinnern.
Ein weiteres Berliner Kulturgut, dass uns auf hier zum widerholten Mal über den Weg lief: Der Späti.
Fester Bestandteil des Stadtbildes, Retter in der Not und Möglichkeit bis in die Nacht sein Wegbier zu kaufen. Gibt es zwar auch in anderen Großstädten, aber nicht im Berliner Ausmaß.
In Bayern kennt man sowas eher weniger. Da kommt das Ladenschlussgesetz allem in die Quere, was keine Tankstelle ist.
Erstes Ziel der letzten Reise waren drei riesige Bleche Pizza im Falco's Slice, die wir mit 5 Leuten gerade so unterbekamen.
Ein netter kleiner Laden mit Wand-Deko aus Mutti Dosentomaten und Gizmo, der einen von der Decke aus beim Essen beobachtet.
Die Völlerei diente auch als Unterlage für die nächste Station des Abends. Der Käse musste noch den Alkohol aufsaugen...
Nach einem Verdauungsspaziergang, ner Fahrt mit der U-Bahn und grusligen Geschichten unserer Begleitung über die berüchtigte U8, kamen wir an der Beavis Bar an.
Hier kann man sich entweder durch einen bibelgroßen Katalog aller Whiskysorten arbeiten oder einfach – wie wir – einen Sampler mit drei ausgewählten Sorten testen.
Davor wurde uns auch noch der passende Whisky-Cocktail Aperitif empfohlen. 😏 👍
Weil's am nächsten Morgen gleich weiterging, hatten wir es in der Whisky-Bar nicht ausarten lassen. Ja, ja, ganz brav. 😇
Praktischerweise war am letzten Morgen das Tor zu unserer kleinen „Gated Community“ geschlossen, sodass wir das Auto nicht zum Einladen vors Haus fahren konnten.
Wie sich jetzt erst herausstellte, konnte es nur mit einem Drücki-Klicki-Bunti geöffnet werden und nicht mit unserem Schlüssel. 🫠
Zufällig kam ein freundlicher Nachbar vorbei und ließ das Tor beim Herausfahren für uns offen – doch schwups 2 Min. später hatte jemand seinen Drücki gezückt und es wieder geschlossen. 😑
Zum Klingelputzen hatten wir keine Zeit mehr – also blieb nur der Packesel-Modus: Nachdem wir unser gesamtes Gepäck zwei Straßen weiter zum Auto geschleppt hatten, machten wir uns endlich schweißgebadet auf den Weg zur nächsten Station.
Auf der Fahrt nach Lübeck sammelten wir auch gleich die erste Mückenplage des Jahres im Fahrtwind ein: Waschanlage here we come... 👋
Veröffentlicht 04.03.2025
Letztes Update 24.03.2025