0 Nomaden-Training in der Heimat und ein Urlaub zwischendrin
Vor dem Sommerurlaub die Wohnung aufzugeben, war im Nachhinein keine glorreiche Idee. Durch die logistischen Lücken wurde der heimische Hotelturm (zweimal) zum Trainingscamp. Am Ende hat sich die kleine Planänderung aber doch gelohnt – alleine schon wegen der Aussicht.
Unterwegs mit Eve und Basti
Ein Wohnexperiment quer durch Deutschland.
Aber erstmal auf Anfang
Eigentlich hatten wir nicht geplant, die Tour als digitale Nomaden so früh zu starten. Ein paar Monate zuvor bestand die vage Idee noch aus: „Vielleicht irgendwann nächstes Frühjahr, mal schauen 🤷“ . Der plötzliche Sinneswandel kam erst bei der Planung des Sommerurlaubs:
„Wieso ist Irland so teuer?“ googelten wir und fragten uns, warum es in den Nachbarländern noch gesittet zuging. Doch dank Pandemie-Flaute und 40% höheren Lebenshaltungskosten als im europäischen Durchschnitt muss man auf der Insel tief die Tasche greifen. Der geizige Schwabe in uns grübelte gleich, wie man die Urlaubskasse aufbessern und mehr Gold für Irish Coffee und Schafe streicheln auftreiben könnte. Eines Tages kam dann der Geistesblitz: die Wohnung! Im Urlaub eigentlich nur ein teures Möbellager.
Um diese einmalige Spargelegenheit zu nutzen, mussten wir nur rechtzeitig die Wohnung kündigen, vor dem Urlaub ausziehen und nach dem Urlaub direkt auf die Tour durchs Land der Brezel starten. Ein genialer Plan – dachten wir.
So schickten wir schnell schnell drei Tage vor Monatsende die Kündigung an den Vermieter raus und starteten mit der Speed-Planung.
In unter drei Monaten mussten wir eine Wohnung auflösen, potenzielle Nachmieter bespaßen, eine Nomaden-Rundreise durch Deutschland planen und zwei Wohnlücken vor und nach dem Urlaub füllen. Obendrauf gab's noch bürokratischen Kleinkram und die Suche nach einer möglichst kostenlosen (hust) Ersatzunterkunft bei der Verwandtschaft – für den Notfall und für das Amt 🫡. Irgendjemand muss ja die Post vom Finanzamt öffnen, während man weg ist.
Okay – ganz so wild war der Entscheidungsprozess vielleicht doch nicht. Es hatte auch viel mit einer langen, erfolglosen Suche nach einer neuen Wohnung zu tun. Wer wissen will, wie wir auf die Idee mit der Reise durchs Land der Brezel kamen, kann mal bei Über uns vorbeischauen.
Nachdem der Entschluss gefasst und der Zeitpunkt festgelegt war, ging aber erst mal die Planung los: Dabei kamen viele Fragen auf, die wir uns bisher nie stellen mussten, wie:
- Was ist die maximale Füllmenge eines Kleinwagens?
- Wer adoptiert all unsere Pflanzen?
- Und wohin nur mit dem ganzen Kram?! 😱
Von Juni bis August stapelte sich ein permanenter Turm an Kisten und Kartons im Flur – immer griffbereit für spontane Sortieranfälle. Der gesamte Hausstand musste ausgemistet, verkauft oder verschenkt werden. Was übrig blieb, kam ins Lager oder ins Reisegepäck.
Ein paar ausgewählte Teile gaben wir zu Freunden in die Pflege. Wie Consuela, unsere Staubroboter-Dame mit politisch unkorrektem Namen, die jetzt eine Weile woanders saugen darf. („Cargando!“)
Wir waren ziemlich überrascht, wie gut (fast) alle Ikea-Möbel über Kleinanzeigen weggingen. Innerhalb von wenigen Wochen war die Bude leer und wir waren gezwungen, den Couchtisch durch eine Karton-Burg zu ersetzen.
Für die Sessel-Kombi fuhr ein junger Herr sogar über eine Stunde zu uns. Seine Freundin wollte unbedingt einen zweiten Strandmon in türkis. Ikea hatte die Farbe aus dem Sortiment genommen und sie suchte schon verzweifelt danach. Hätten wir das mal vorher gewusst...💸
Einen Teil der Aussortierung fuhren wir ins Sozialkaufhaus. Alles zu verkaufen hätte ewig gedauert, und wer braucht schon nen „gebrauchten Volleyball – top Zustand“? Tja, wie’s aussieht, der Vorsortierer im Sozialkaufhaus: Kaum waren wir angekommen, schob uns jemand einen leeren Einkaufswagen zu. Den befüllten Wagen rollten wir zurück zur Vorsortierung-Crew, die nach dem Motto prüfte: „Die guten ins Sortiment, die schlechten in die Tonne“. Ein paar unserer Sahnestücke wurden aber auch anderweitig „in Sicherheit“ gebracht... 🏐
Bevor sich alle Sitzmöglichkeiten auf „Boden“ beschränkten, gab’s noch diverse feuchtfröhliche Abschiedstreffen. Mit tatkräftiger Unterstützung konnten die Reste der Whisky-Sammlung und diverse alkoholische Schrankhüter geleert werden – wie die drei Flaschen Bratapfel-Likör, die der Weihnachtsmann alle Jahre wieder nachliefert. 🎅
Kurz darauf ging’s dann ans Möbel einlagern. Dinge, die wir nicht schnell bei Ikea vom Stapel bekommen (wie die Couch) wollten wir als Basis-Möblierung für die Rückkehr aufbewahren. Nachdem vier Meter Polstermöbel im Mietlager aber teuer werden, musste eine andere Option her: „Mamaaa, wie viel Platz habt ihr noch im Keller?“ 😬
Nach zwei erfolglosen Versuchen, das störrische Sitzmöbel im Keller der Eltern zu versenken, saßen wir auf der Couch – im Garten – und wussten nicht mehr weiter: Die Türen waren zu eng. Die Bauherren aus den 60ern hatten für solche Fälle wieder nicht mitgedacht... (ähem) 👀.
Irgendwann kam zum Glück jemand auf die offensichtliche Idee, einfach die Füße abzuschrauben. So retteten wir uns knapp um die Kurve und die Couch davor, doch noch auf Kleinanzeigen zu landen. Learning für die Zukunft: Vor dem Umzug von Sperrgut die Türen ausmessen. 🤦♀️
Um den elterlichen Keller nicht komplett außer Betrieb zu nehmen, mieteten wir für alles andere einen Lagerplatz. Very praktisch: Wenige Minuten von uns entfernt gab’s direkt ein Selfstorage bei RatzFatzPlatz.
Im letzten Monat vor unserem Auszug befüllten wir unser Minilager allmählich mit Umzugskartons. Für schweres Gerät, wie die Waschmaschine, kam am letzten Tag der lässige Herr vom Mietlager mit Sackkarre und Transporter vorbei. Ratzfatz waren 95 % unseres (übriggeblieben) Besitzes auf 2×2 Meter kondensiert. Bleiben noch 5% fürs Reisegepäck.
Für den Fall, dass wir auf halber Strecke unsere Meinung ändern und die Reise abbrechen würden (man weiß ja nie), hatten wir die Lagermiete nur im 6-Monatstakt vereinbart. Wer will schon auf ~1k/Jahr sitzen bleiben... 💸
Was im finalen Reisegepäck landete, hatte diverse Filterungen und ein Auto-Probepacken überlebt. Unser Kleinwagen kam trotzdem an seine Kapazitätsgrenze mit: Vier Jahreszeiten an Klamotten, ein bisschen Bad-Gedöns, ein wenig Küchenzeugs und diverser Technik (die sich noch erweitern würde 👀). Dazu noch die Kruschtl-Tasche mit lebenswichtigen Utensilien, wie Panzertape und WD-40 👑 – nichts ist nerviger als quietschende Türen...
Das Urlaubsgepäck wurde zum zusätzlichen Puzzle: Einen Teil der Ausstattung mussten wir gleichzeitig flugfertig ✈️ packen. Drei Wochen mit max. 8kg Handgepäck waren schon...spannend. Okay, am Ende waren’s 10kg, aber so genau schaut die Lufthansa hoffentlich nicht hin 🤞. Doch vor dem Test aufs Exempel am Gate folgte erst noch ein kurzer Abstecher ins Nomaden-Training. ⬇️
Nomaden Training (Part 1)
Um die Zeit zwischen Auszug und Urlaub sinnvoll zu nutzen, dachten wir uns, ein Testlauf in sicherer Entfernung zum Lager könnte nicht schaden. Gleich mal das Reisegepäck auf die Probe stellen. Keine blöde Idee, wie sich schnell zeigte: Auf den dritten Blick offenbarte sich noch einiges als Panik-Packen (wie T-Shirt Nummer 10–15 und so) und so füllten sich auch die letzten Lücken des Lagers.
Die Wahl der Unterkunft für die erste Test-Station fiel schon früh auf ein (Quasi-) Wahrzeichen Augsburgs: den Hotelturm. Dank seiner Form wird er meist „Maiskolben“ genannt und überhaupt ist der Turm nur teilweise „Hotel“ – der Rest sind Wohnungen, Geschäftsflächen und diverse Airbnb.
Das in den 70er Jahren entstandene Gebäude war bis ins Jahr 2000 das höchste Gebäude Bayerns. Mit unserer Ferienwohnung im 31. Stock waren wir nicht weit von der Spitze entfernt und über den Hochgeschwindigkeits-Aufzug so schnell oben, dass uns auf Höhe 20. Stock wie bei einer Bergfahrt die Ohren ploppten. – Hart aber effizient …
Das knapp 25qm große Appartement hatte die Form eines Tortenstücks, mit der Küche zur Mitte und dem Balkon am Tortenrand. Die Outdoor-Sitzmöbel eigneten sich bestens für eine kleine Hot Ones Challenge mit Freunden in der abendlichen Brise. – Die Erinnerung brennt immer noch 🔥.
Für eine flüssige Abkühlung mussten wir am nächsten Tag nur in den angrenzenden Biergarten einfallen. Natürlich wollten wir genau dann brotzeiten, als im Kongress nebenan ein Salsa-Festival stattfand und wir uns durch dutzende Popo-wackelnde Menschen schlängeln mussten, die zur Mittagszeit die Biertische belagerten. Immerhin gab es interessante Outfits zu sehen 👀. Essen und Entertainment, was will man mehr …
In Sachen Entertainment konnten wir eines Abends vom Balkon aus sogar das Eröffnungsfeuerwerk des Herbst-Plärrer beobachten. Mit guten Augen lässt sich auf dem Foto das Spektakel mit Riesenrad erkennen. 🔎
Nach zwei Wochen war das erste Nomaden-Training schon erfolgreich abgeschlossen.🥇 Unsere alte Wohnung vermissten wir zwar (noch) nicht, aber freuten uns auf ein paar Quadratmeter mehr in der nächsten Unterkunft.
Bevor es auf der Brezel-Reise weiterging, folgte aber erst ein kleines **Urlaubs-Intermezzo: **
🇮🇪 In drei Wochen ging es über Cork nach Killarney, Kerry und schließlich Dingle, mit kurzem Abstecher nach Dublin. So ein Urlaub, nach dem man erstmal Urlaub braucht...
Intermezzo in Irland 📸
Nomaden-Training (Part 2)
Nach einer nassen Landung mit drei Stunden Verspätung und einer völlig übermüdeten Autofahrt kamen wir drei Wochen später wieder dort an, wo wir gestartet waren: im heimischen Hotelturm.
Das Maiskolben-Sandwich mit Urlaubsfüllung entstand durch den Versuch, den Auszug aus der Wohnung, die Flüge in den Urlaub und die Buchung diverser Ferienwohnungen irgendwie im Kalender unterzubringen. Die erste richtige Unterkunft der Nomaden-Tour (und offizielle Station #1) war erst ab Oktober frei. Weil uns die Vogelperspektive so gut gefallen hatte, füllten wir die verbleibenden zwei Wochen bis dahin einfach noch einmal mit einer Panorama-Aussicht über die urbane Stadtlandschaft.
Dieses Mal schafften wir es bis auf die 32. Etage und erinnerten uns sogar daran, ein Bild vom Innenleben mitzubringen. (Die Sache mit der Fotodokumentation klappte bisher nicht so meisterhaft).
Der Schnitt der Wohnung war fast identisch mit der letzten, nur Balkonmöbel zum Sonnen gab’s keine 😔. Mit einer südwestlichen statt nordöstlichen Ausrichtung hörten wir zwar weniger quietschende Züge, dafür hatten wir ab Mittag Sauna. Auch wenn der September 2023 ungewöhnlich heiß war, würden wir uns im Hochsommer wohl nicht in den Turm trauen. 🥵
Was wir in diesen zwei Wochen als Test-Nomaden so gemacht haben, ist eine neblige Erinnerung. 👀Wahrscheinlich vom überplanten Erlebnisurlaub erholt, bevor die Arbeit in der IT-Welt wieder losging. 🧑💻
Als kulinarischen Abschied aus Bayern gönnten wir uns im Viktor noch ein Traditions-Frühstück aus Weißwurst und … Pancakes 😅 und verabschiedeten uns am Abreisetag von der Stadt mit einer letzten Wolf-Brezel. Die gilt als offizieller Goldstandard für jede weitere Brezelverkostung. 🏆
Auf dem Weg zur Autobahn legten wir noch einen kurzen Halt bei der Familie ein – für ein Käffchen ☕️ und um das dynamische Duo Wilma und Rosie zu knuddeln. Mehr von den höchst fotogenen Vierbeinern gibt’s auch auf @wilma_and_rosie 🐶.
Danach ging’s mit dem vollgepackten Brezel-Mobil auf eine dreistündige Fahrt zur ersten offiziellen Station unserer Rundreise durch Deutschland. Im Schwarzwald erwartete uns eine Unterkunft mit Hobbit-Flair und spooky Vibes, im Souterrain eines ehemaligen Amtsgefängnisses 👻 >> Station #1
Veröffentlicht 28.11.2024
Letztes Update 24.03.2025