Marktplatz in der Wittenberger Altstadt mit Luther Statue
Marktplatz in Wittenberg

7 Leerlauf, Laufrunden und Leerstand in der Lutherstadt

März 2024
Wittenberg | ST
Station 7

Mit Parkplatzsuche, Dönerverkostung und endlosen Spaziergängen schalteten wir in Wittenberg einen Gang runter und lernten, wie Luther vom asketischen Mönch zum klerikalen Großverdiener avancierte.

Unterwegs mit Eve und Basti
Ein Wohnexperiment quer durch Deutschland.

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Wittenberg stand eigentlich nicht auf unserem Reiseplan – höchstens als Tagesausflug. Weil wir in Richtung Cottbus beim besten Willen keine Unterkunft finden konnten und Station #8 schon gebucht war, musste aber eine Alternative her. Die Lutherstadt lag direkt in der Streckenmitte und bekam somit den Zuschlag.

Bis zum Check-in waren wir mal wieder ein paar Stunden als wohnungslose Vagabunden unterwegs. Mit Pommes und Burger vom Wittenburger ließ es sich bei sonnigem Wetter aber hervorragend warten. ⏱️

Die Universitätsstadt an der Elbe ist mit knapp 48.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Sachsen-Anhalts. Als bekanntes Touri-Ziel hat Wittenberg geschichtlich was zu bieten, ist aber vor allem eine Destination fürs christlich-reformativ-interessierte Reisevolk.

In diese Zielgruppe fielen wir jetzt nicht so ganz 👀 ... aber Luther kam bei Stadtführungen fast so häufig vor wie Goethe, da konnte ein bisschen Extra-Geschichte nicht schaden.

Überhaupt hatten wir inzwischen gelernt, dass man jede Burg- oder Stadtgeschichte auf vier große Themengebiete kondensieren kann: a) Herrscher-Allüren, b) Kirchen-Gedöns, c) Handels-Zeug und natürlich d) Krieg.

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Mitten in der Altstadt

Die Altstadt Wittenbergs hatten wir uns selbst außerhalb der Hauptsaison etwas lebhafter vorgestellt. Bis auf ein paar Touris an sonnigen Tagen oder Shoppern am Wochenende hatten wir auf den Straßen wenig Konkurrenz. – Lag vielleicht auch daran, dass eine Hauptattraktion der Stadt, das Lutherhaus, zu unserer Zeit geschlossen war. 🫤

Unsere Wohnung lag ebenfalls zentral in der Altstadt und war deutlich ruhiger als antizipiert. Bis auf ein paar grölende Betrunkene am Wochenende oder (unerlaubt) über die Pflastersteine bretternde Autos am Morgen war unser Aufenthalt also eher besinnlich – irgendwie ja passend …

Nach dem bereits entspannten Aufenthalt in Station #5 schalteten wir in Wittenberg noch einen Gang runter. Durch anderweitig hohes Stresslevel (und berufliche Sinnkrisen) war unsere mentale Kapazität ziemlich beschränkt. 😵‍💫

Sehenswürdigkeiten in der Umgebung, wie Dessau, die Dübener Heide, oder Ferropolis ließen wir deshalb ausfallen und beschränkten uns hauptsächlich auf: Spaziergänge, mehr Spaziergänge, Döner essen, Filme gucken, Bücher lesen und ne kleine Stadttour. – Außerdem mussten wir Energie vortanken: Nach Wittenberg folgte nämlich ein Epos in der Hauptstadt. #berlin

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Unsere Straße
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Postamt

Dank zentraler Wohnlage waren unsere Wege kurz. Mit Einkaufs-Center direkt um die Ecke konnten wir das Auto meistens stehen lassen.

Die größte Hürde bei der Suche nach Unterkünften ist meist ein kostenloser Parkplatz für unser stählernes Ross. 🚙 Gerade in größeren Städten fallen so viele tolle Optionen für uns weg und wir müssen aufs Umland ausweichen. Wären wir nur mit Rucksack unterwegs, sähe die Auswahl aber nicht besser aus. Ohne Auto auf dem Land geht’s nämlich auch nicht – oder nur mit großen Schmerzen. (Die zweite Hürde ist übrigens: Ne Waschmaschine.)

In Wittenberg konnten wir zum Ausladen kurz an der Straße parken. Danach musste man eine der raren Lücken auf den noch rareren kostenlosen Parkflächen finden. Wenn's schlecht lief, auch mal am anderen Ende der Altstadt...

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Skulptur von Frank Seidel
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Beim ersten Spaziergang durch Wittenberg stießen wir auf den Bunkerberg:

Der Berg erinnert an einen ehemaligen Hochbunker aus dem 2. WK, der bei einer semi-erfolgreichen Sprengung in den 1950ern teilweise stehen blieb. Danach wurde er kreativ aufgeschüttet und überdeckt. Ein spiegelndes Sitzrondell zeigt den kreisförmigen Bunker-Grundriss. Seit 2017 kann man die Gegend auf verspiegelten Stegen überblicken, die über den Berg hinausragen.

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Sitzrondell auf dem Bunkerberg

Vom Bunkerberg aus blickt man direkt auf das Lutherhaus, eines von vier UNESCO-Welterben der Stadt. Für eine Besichtigung waren wir leider ein paar Monate zu spät dran: Seit Ende 2023, bis „irgendwann 2026“, ist es wegen Sanierung geschlossen.

Als das Lutherhaus noch ein Augustinerkloster war, lebte Luther hier als Mönch. Nach der Auflösung des Klosters in der Reformation kam das Gebäude in seinen Besitz und wurde zum lutherischen Familienwohnsitz. – Zu Luthers Mönchskutte aber mehr in der Stadttour... 🙃

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Blick vom Bunkerberg auf das Lutherhaus
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Neues Rathaus
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Schwanenteich
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Alles leer hier ...

Eine Sache fiel uns beim Spazieren durch die Altstadt sofort auf: Gefühlt jede dritte Ladenfront war leer oder verbarrikadiert. Was offen stand, bot zum Großteil Essen oder wenig attraktives Angebot (#tedi). Nette kleine Altstadt-Lädchen oder Kaffees sahen wir nur wenige.

Im Jahr 2024 war der Leerstand wohl „alarmierend [und] 40 bis 50 Ladengeschäfte [in der Innenstadt] verweist“.

Mit Initiativen, wie dem Stadtlabor versuchte man inzwischen die Innenstadt wiederzubeleben. 🤞

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Leerstand soweit das Auge reicht

Schick in Schlauchform und Bitte kein Bum Bum...

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Schick in Schlauchform

Ein moderner Kontrast zur Altstadt war unsere Wohnung: Schlauchform im Altbau, dafür schick renoviert. Das spiegelte sich auch in den knapp über 1.9k € für den Monat wider 🥵. Dafür Tip-Top Ausstattung und ein netter Host. Innenstadt ist immer sauteuer – das war noch Mittelfeld. 👀

Weil es in nem Schlauch nur Fenster an den Enden geben kann, verblieb der mittlere Teil ohne künstliche Beleuchtung in deprimierendem Dämmerzustand. Auf unsere Prio-Liste für die Wohnungssuche nach der Reise setzten wir hier zum ersten, aber nicht zum letzten Mal: LICHT! 🌞

Durch die schmale Schlauchform kam auf den geschätzten 40-50 qm anfangs leichte Klaustrophobie auf, aber wir gewöhnten uns schnell daran. Später lernten wir: Wenn klein, dann am besten als Dachwohnung mit offenem Giebel. Luft nach oben macht viel aus. ☝️

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Bester Kaffee-Freund: Cantuccini

Zum zweiten Mal packten wir den in Bernburg vorgestellten Rösti aus, um unseren Bohnenvorrat aufzustocken. Der entstehende Raumduft ist vergleichbar mit Schokokeksen, die etwas zu lange im Ofen waren. Solange man keine drei Runden Espresso röstet und ne gute Abzugshaube hat, besteht keine Gefahr für Nase, Möbel oder den Feueralarm. Ausgelöst haben wir ihn trotzdem – nur nicht mit Rösten...

Ab und zu fanden wir in Unterkünften Begrüßungsgeschenke vor. Hier gabs ein Fläschchen Sekt und zwei Tüten Popcorn für die TV-Party mit dem Beamer.
Es was schon einige Jahr(zehnte) her, dass einer von uns Mikrowellen-Popcorn in der Hand hatte. Die plötzlich aus dem Kasten austretende Dampfwolke traf uns unvorbereitet und der nicht unweit der Küchenzeile hängende Rauchmelder dachte sich gleich: „Oh...shit!“ 🚨

Geistesgegenwärtig hebelte Basti den Alarm aus (Besenstil), die Trommelfelle blieben ganz und das Popcorn war genau richtig – und beim Betreten von Ferienwohnungen prüften wir ab jetzt immer sofort die Melder-Positionen.... 🫠

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Bum Bum Eis
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Nerviger Ofen-Klip

Was haben Bum Bum Eis und diese kleinen Sicherungsklips an der Backofentür gemeinsam? Richtig: Sie treiben gewisse Leute (Eve) an den Rand des Wahnsinns... 😫

Es gibt auch Kindersicherungen, die einen nicht jedes Mal Richtung Ofenrohr fluchen lassen, weil die "💩-Tür nicht mit einer Hand aufgeht" ... 😬. Und es gibt Eis, das weniger penetrant nach künstlicher Irgendwasbeere riecht. – Leider ist und bleibt es: Bastis liebste Retro-Süßigkeit. 🫠

Das schlägerförmige Eis ist übrigens nach Bum Bum Boris benannt: Sein Tennis-Sieg in Wimbledon verhalf der Kaugummi-Eis-Kombo zu reißendem Absatz – und allen Kindern, die in den 90ern aufwuchsen, zu einem rot-weißen Geschmackstrauma, von dem wir uns nie wieder erholen sollten...

"Packt die kurzen Hosen aus, es ist März."

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Nach ein paar kühlen Tagen Anfang März drehte das Wetter plötzlich und ließ verfrüht den Frühling einkehren.

Bei teils über 20 Grad konnten wir in kurzer Hose und T-Shirt zum Kuchenessen wandern. Sachsen-Anhalt erlebte eine Wärmeanomalie mit dem zweitwärmsten März seit 1938.

In den Parks, die die ganze Altstadt umgeben, war die Natur genauso verwirrt wie wir und reagierte mit explosionsartigem Blütenwuchs. 🌸

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Kuchen gut, Kaffee "meh"...
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Wettervorhersage: März
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Stadtkirche Wittenberg
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Marktplatz mit altem Rathaus
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Schild mit Graffiti-Schatten :D

Bei einem Spaziergang kamen wir auch an diesem Ungetüm aus Stahl vorbei und dachten uns gleich: „Kennen wir das nicht aus nem Beitrag von extra 3?!“ 🤔

Nach 15-jährigem Leerstand wurde das Gymnasium in Wittenberg saniert. Ein denkmalgeschütztes Schmuckstück aus dem Jahr 1880. Weil der vorgeschriebene zweite Rettungsweg fehlte, durften die Schüler aber lange nicht einziehen. Letztendlich löste man das Dilemma auf unkonventionelle Art:
Der inzwischen als „Skywalk von Wittenberg“ bekannte Rettungsweg mit der grazilen Optik einer futuristischen Achterbahn verhalf zur Einhaltung der Vorschriften und dem Gebäude zu nationaler Berühmtheit.

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Melanchton Gymnasium mit "Skywalk"
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Johanniterhaus

Fitness-Check im Turm

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Vor der Schlosskirche in Wittenberg tummelten sich eigentlich immer Leute. Die auf den Fundamenten des ursprünglichen Schlosses des sächsischen Kurfürsten errichtete Kirche ist heute DER Touri-Hotspot. Hier findet sich die Tür, an die Luther angeblich seine Thesen schlug.

Die Kirche ist eines der UNESCO-Weltkulturerben der Stadt. Im Inneren kann man dem Grab von Martin Luther und Philipp Melanchton einen Besuch abstatten. – Haben wir jetzt mal ausgelassen... wir hatten eher den Turm im Blick. ⬇️

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Innenhof Schlosskirche
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Eingang zum Turm
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Erste Treppe
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Für 3 € konnten wir uns eine Wertmarke an der Touri-Info im Innenhof kaufen und uns Zutritt zum 88 Meter hohen Kirchturm verschaffen.

Wer – wie wir – gerade nicht so gut im Training war, konnte beim Aufstieg mit brennenden Beinchen rechnen. Im schmalen Aufgang der drei Treppen vernahmen wir multiples Schnaufen. Oben angekommen, erwartete uns ein windiger Ausblick weit über die Wittenberger-Altstadt hinaus.

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Zweite Treppe (von oben)
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Dritte Treppe
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Ausblick aus der Schlosskirche
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Kirchenglocken Schlosskirche
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Auf dem Rückweg

Flucht aus der Stadttour

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Häuser am Marktplatz

Um nicht ganz kulturlos weiterzuziehen, quetschten wir am Tag der Abfahrt noch ne schnelle Stadtführung rein: Mit einem lebenslangen Wittenberger, der hier alles von russischer Besatzung bis zum Shopping-Center erlebt hatte, drehten wir bei T-Shirt-Wetter ne Runde durch Stadt.

Wir starteten am Lutherdenkmal auf dem Marktplatz, das den namensgebenden Reformator der Lutherstadt ehrt. Im Jahr 1517 verfasste er hier geschichtsträchtig seine 95 Thesen gegen den päpstlichen Ablasshandel.
Über jenes kirchlich-kreative Finanzierungsmodell konnte man sich damals aus dem Fegefeuer freikaufen – sogar tariflich nach Höhe des Einkommens gestaffelt. (Fast so, wie bei der Krankenkasse 🤡 ...)

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Tastmodell Wittenberger Altstadt
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Röhrwasserbrunnen

Bevor Luther von Wittenberg aus die Reformation ankurbelte, war er hier als Mönch unterwegs und machte seinen Doktor der Theologie. Einige Jahre nach Thesen-Gate hängte er die Mönchskutte allerdings an den Nagel, heiratete die aus einem Kloster geflohene Nonne Katharina von Bora und erweiterte den Luther-Klan um ganze sechs Kinder. 👼

Asketisch lebte der Reformator, der einen Großteil seines Lebens hier verbrachte, eher wenig: Im Lutherhaus, früher ein Augustinerkloster, transformierte seine Frau die ehemaligen Mönchszellen zu vermieteten Studentenbuden um. Auch Bierbrauen, Weinkeltern, Fische züchten und schlaue Immobilienanlagen standen auf dem Programm, sodass die Luthers 1542 zu den reichsten Wittenbergern gehörten.

Das Luther seine Thesen an die Tür der Schlosskirche schlug, ist übrigens ein Mythos: Heute vermutet man, dass seine Anhänger die Thesen verbreiteten, nachdem Luther sie an den Erzbischof geschickt hatte. Die Tür der Kirche diente damals eher als mittelalterliches Nachrichtenportal. Wenn jemand die Thesen dort aufgehängt hat, dann eher der Hausmeister.

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Schlosskirche: Luthers Thesen
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Marktbrunnen

Der denkmalgeschützte Marktbrunnen auf dem Marktplatz ist einer von mehreren erhaltenen Röhrbrunnen in Wittenberg.

Schon zu Luthers Zeit gab es hier ein modernes Wasserversorgungssystem: Man erschloss eine Quelle und nutzte das natürliche Gefälle, um Wasser in die Röhrwasserbrunnen zu leiten.

Von der Hauptleitung auf der Straße aus führten dann Holzröhren auf die Höfe und versorgten die Bewohner mit bis zu zweieinhalb Liter sauberem Wasser pro Minute.

Wer heute im Brauhaus Wittenberg sitzt, befindet sich im Beyerhof – einem historischen Gebäude benannt nach dem feschen Herrn auf der Gedenktafel.
Christian Beyer war Jurist und Politiker in der Reformationszeit, einer der ersten Studenten der Uni Wittenberg und mehrfacher Bürgermeister der Stadt.

Zu nationaler Berühmtheit verhalf ihm aber ein geschichtsträchtiger Auftritt in Augsburg. (Und wieder verfolgt einen die Heimat 👀...).

Die Situation zwischen Katholiken und neugläubigen Protestanten war damals angespannt. In der Hoffnung auf eine Einigung verfasste (der ebenfalls auf dem Marktplatz verewigte) Philipp Melanchthon ein Glaubensmanifest – oder auf Neudeutsch: Nen „Pitch“. Auf dem Augsburger Reichstag 1530 wollten die protestantischen Fürsten und Städte um kaiserliche Akzeptanz werben und Karl V. also ihren Glauben pitchen. Es musste sich nur noch jemand finden, der dem streng katholischen Karl das Ganze verklickerte. – Auftritt: Christian B.

Beyer hatte die Eie– äh, den Mut – die Confessio Augustana vor versammeltem Reichstag vorzutragen. Von Erfolg gekrönt war sein engagierter Auftritt aber nicht:
Karl legte die Confessio direkt im Spam-Ordner ab und drohte allen damit beim Alten zu bleiben „oder sonst!“ 👊 ⚔️. – Bis zum Augsburger Religionsfrieden dauerte es dann nur noch so … 25 Jahre.

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Gedenktafel Christian Beyer
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Cranach-Hof mit Röhrbrunnen, Schlossstraße
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Cranach-Hof, Markt 4

Fast so oft wie „Luther“ und „Goethe“ hörten wir auf Stadttouren den Namen „Cranach“ (in diesem Fall der Ältere). Auch in Wittenberg hat der damalige Hofmaler des Kurfürsten von Sachsen gewütet.

In seiner höchst lukrativen Malerwerkstatt pinselten Mitarbeiter nach seinen Entwürfen, Gemälde für Kirchen, Schlösser und diverse Deko fürs adelige Interieur.

Cranach selbst machte hauptsächlich Management: Um der viralen Nachfrage Herr zu werden, musste er moderne Arbeitsteilung einführen und wurde zum Vorreiter der seriellen Produktion. Am Ende setzte er „nur noch sein Servus drunter“ (Zitat Basti). Wo sein Schlangensignet leuchtet, hat er also nicht unbedingt selbst Hand angelegt.
– Klassisches Branding, Mittelalter-Style.

In seiner Druckerei flatterte in Wittenberg unter anderem die Bibelübersetzung seines Buddys Luther durch die manuellen Druckpressen. Immerhin waren die zwei eng verbandelt: Cranach war nicht nur Trauzeuge Luthers, sondern auch Taufpate seines ältesten Sohns. – Damals wie heute: Alles eine Frage von Vitamin B.

Den letzten Halt der Stadtführung legten wir bei der Stiftung Leucorea ein – im Gebäude der früheren Universität. Heute fördert die Stiftung zum Beispiel Forschungen zur Reformationsgeschichte. Früher studierten hier bekannte Gelehrte (wie Luther), deren güldene Namens-Plaketten ringsherum das Gebäude zieren.

Schon zu Mittelalterzeiten versuchten Universitäten die besten Studenten mit Lockangeboten zu umgarnen. Wo man heute mit Diversität und Nachhaltigkeit oder Green Campus sein Image aufmöbelt, wurden früher ganz andere Slogans auf die Flugblätter gedruckt:

Laut einer (nicht belegbaren) Anekdote unseres Tourguides setzte man in Wittenberg vor allem auf billige Bierpreise und eine gepflegte Stammtischkultur, um die crème de la crème anzuziehen. Bier war eine wichtige Säule der studentischen Kultur, denn gemeinsame Trinkgelage förderten den flüssigen Zusammenhalt. – Ob sich daran viel geändert hat, lässt sich durchaus infrage stellen... 👀.

Die Stadtführung hatte zwar noch mehr Stationen, im Gegensatz zu unserem Guide wollten wir aber nicht den Rahmen sprengen. Als er nach 45 Minuten Überziehung immer noch fröhlich vor sich hin dokumentierte, ergriffen wir heimlich die Flucht und setzten uns Richtung Parkplatz ab. Wir hatten ja noch zwei Stunden Fahrt nach Berlin vor uns 🚙.

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Stiftung Leucorea - ehemalige Uni

Eckiger Döner, macht sicher auch schöner...

Wir konnten den Beitrag nicht beenden, ohne einen kurzes Shoutout an DEN Döner – auch wenn man von der essbaren Berliner Erfindung kein appetitliches Foto schießen kann...

Zugegeben, wir haben nicht überall die lokale Döner-Kultur getestet, aber zum Zeitpunkt dieser Zeilen (also knapp ein Jahr später... hust 😅) rangiert der Ya Habibi Döner immer noch auf Platz Eins. 🏆 Man musste nur immer vieeel Zeit mitbringen beim Abholen, denn die Jungs im Laden waren ... gechillt unterwegs. 😴

Im Gegensatz zum in der Heimat beliebten runden Fladenbrot gab’s hier ein knusprig-getoastetes, eckiges Gewand: Eine viel bessere Brot-zu-Füllung Ratio! ☝️Genügend Kraut und Salat, um das Innenleben saftig-würzig zu halten. Ausreichend, aber nicht zu viel Fleisch – und vor allem nicht hardcore salzig.

Weil alles andere so gut war, konnten wir darüber hinwegsehen, dass es statt Chilli-Flocken nur ne komische pikante Tomatensauce gab, mit der maximal das Level „Deutsches scharf“ erreicht werden kann. – Da passte noch ordentlich Sriracha obendrauf. ❤️‍🔥

Nächster Halt: Berliner Currywurst. 👋

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Veröffentlicht 04.02.2025

Letztes Update 24.03.2025